Dienstag, 17. Mai 2016

Rezi Gernot Griksch - Ghetto Bitch

Rezension - Gernot Griksch „ Ghetto Bitch“

                           

      HC: 14,99 € - 320 Seiten
      Dressler Verlag
      erschienen am: 09.05.2016




Inhalt:

Nele lebt mit ihrer Familie im schicken Hamburger Villenviertel Poppenbüttel und ist allseits beliebt in ihrer Schule. Doch plötzlich stirbt ihr Vater bei einem tragischen Verkehrsunfall und hinterlässt einen Berg voller Schulden.
Ein Alptraum beginnt für Nele als sie erfährt, dass sie, ihr Bruder und ihre Mutter umziehen müssen und zwar in eine Hochhaussiedlung am anderen Ende der Stadt. Dort erwartet sie ein komplett anderes Leben und nun muss Nele versuchen, in dieser voll mit Vorurteilen behafteten Gegend zu überleben, was alles andere als einfach für sie ist.
Ihr Bruder Timo hingegen, der ein kompletter Außenseiter in der alten Schule war, findet hingegen rasch Anschluss und zur Freude seiner Mutter scheint er sehr beliebt, doch sind das wirklich wahre Freunde und steht Timo auf der richtigen Seite?


Meinung/Fazit:

Nele ist ein kleines verwöhntes Mädchen, dass sich noch nie Sorgen um Geld machen musste oder Fragen stellte wie : „Wovon soll ich ein neues Outfit kaufen?“ Das ist bei Familie Brüggemann nie ein Thema gewesen, bis der Vater nach seinem Tod einen Haufen von Schulden hinterlässt und die Versicherung nichts zahlen will, da es unklar ist, ob sich Neles Vater selbst das Leben genommen hat oder der Autounfall tatsächlich so passiert ist.

Nele bringt es nicht über sich, vor ihren reichen Freunden zuzugeben, dass ihre Familie von jetzt an von Hartz IV in einem sozial-schwachen Bezirk leben soll und erfindet mit Ihrer Mutter eine Lüge. Sie gaukeln allen Freunden der Familie vor, sie würden für ein Jahr nach New York gehen um eine kleine Auszeit zu nehmen und weil ein tolles Jobangebot auf Henriette, Neles Mutter, wartet.
Diese Art mit dem Schicksal umzugehen halte ich für sehr unwirklich und übertrieben, zumal das Henriette als Mutter voll und ganz unterstützt.
Da es durchaus möglich ist sich in Hamburg zu begegnen, trotz das man in verschiedenen Stadtteilen wohnt, ist hier schon vorhersehbar, dass eine Katastrophe vorprogrammiert ist.

Timo, der oft als Mobbingopfer für die schnöseligen Poppenbütteler herhalten musste, stellte auf der Abschiedsparty im Villenviertel einen Streich an, der sich mehr als gewaschen hatte.
Das sich daraufhin jemand rächen will, treibt ihm noch so einigen Ärger ein.
Sehr real wird also hier das Thema Mobbing und seine Konsequenzen behandelt. Was es aus einem Menschen macht und werden lässt ist erschreckend und sieht man an der Figur Timo, der eigentlich ein sehr ehrlicher und talentierter 14-jähriger Junge ist.
Ich mochte ihn unglaublich gern als Charakter und konnte seine Handlungen teilweise nachvollziehen und verstehen.
Auf der neuen Schule im Viertel Steilshoop ist Multi-Kulti angesagt und eine besonders lockere, junggebliebene Lehrerin hat teilweise einen, wie ich finde, sehr übertriebenen Jugendslang angewandt, der das Ganze etwas affektiert wirken ließ.

Nach holprigen und unbequemen Startschwierigkeiten lernt auch Nele bald ein Dreiergespann von Mädchen kennen, mit denen sie sich früher nie abgegeben hätte. Schnell lernt sie, sich mit der nicht ganz korrekten grammatikalischen Aussprache und dem auffälligen Kleidungsstil der quirligen und lautstarken Ginny anzufreunden. Dieser Charakter gefiel mir sehr gut und war authentisch und glaubhaft.
Nele geht als sehr vernünftige Figur voran, da sie den coolen Skaterjungen Rick versucht, vom Kiffen abzubringen, was ihr mehr oder minder gut gelingt, dennoch hat sie sehr überwiegend reife Ansichten, wobei natürlich ihr Verhalten doch teilweise bestärkt, dass sie erst 16 Jahre jung ist.
Des weiteren besticht der Autor unter den Jugendlichen mit einer sehr glaubwürdigen Sprache, wobei mir nicht jeder Ausdruck ein Begriff war ( needy).

Anders als erwartet bietet dieses Jugendbuch einen Tiefgang und eine Entwicklung der Charaktere von Nele und Timo, die sich später herauskristallisiert.
Ebenfalls werden ernste Themen wie Zwangsheirat, Gewalt und Drogen thematisiert ohne diesem zu kritisch entgegen zu treten oder zu bagatellisieren.
Ebenfalls gefiel mir die Eigenständigkeit und individuelle Persönlichkeit der Charaktere, man konnte oft am Schreibstil erkennen, welche Jugendgruppe den Dialog anführte.
Insgesamt unterhielt mich dieses Jugendbuch sehr gut, machte mich an einigen Stellen nachdenklich und ließ sich sehr schnell weglesen, genau so muss ein gutes Buch sein.



Bewertung: 4Sterne 

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